Kartierungsexkursion "Curaglia" (10. Juni 2006)
Bericht von Werner Annaheim, Göpf Grimm, Walter Schmid, und Albert Kurz
Wie schon so oft in der Vergangenheit hatte der alte Petrus wieder einmal ein Einsehen mit der munteren
und erwartungsfrohen Schar von AGEOlern, die sich, an diesem strahlenden Frühsommermorgen pünktlich
am verabredeten Treffpunkt in Curaglia einfand. Nach der Begrüssung und einer kurzen Einführung
wurden drei Gruppen gebildet, die sich des Gebiets rund um das Dorf im Val Medel hinsichtlich
Orchideenvorkommen annehmen sollten.
Gruppe Albert Kurz
Bericht von Werner Annaheim, Fotos Beate Waldeck
Die vorgegebene Route unserer achtköpfigen Gruppe lautete Curaglia - Gliarauns - Pardatsch - Val Plattas
- Curaglia und führte vorerst an der Kirche vorbei in südöstlicher Richtung in sanften
Windungen den Hang hoch und tiefer ins Tal hinein. Im Raum stand dabei bei manch einem die Frage, was uns
auf der Rundwanderung botanisch wohl erwarten würde. Zwar wurden wir anfänglich darüber
orientiert, dass man es hier auf der Nordseite des Lukmanierpasses mit Urgestein zu tun hat, das jedoch
von einem breiten Kalkzug durchquert wird. Detailliertere Angaben aber waren nicht einmal von Albert zu
erhalten. Das verschmitzte Lächeln um seine Mundwinkel liess allerdings Hoffnung aufkommen. Eine
Antwort liess denn auch nicht lange auf sich warten. Schon bald entpuppte sich ein leuchtendes Rot im
Gras direkt am Wegrand als Dactylorhiza majalis in bestem Zustand. Weitere Exemplare folgten in
regelmässigen Abständen.
Als dann vor der Überquerung einer Brücke auf die andere Schluchtseite kundige Augen in den
Ritzen eines grossen Felsblockes mehrere blühende Exemplare von Listera cordata entdeckten, stieg
die ohnehin schon aufgeräumte Stimmung noch weiter an.
Spätestens jetzt war für Fotografen der Moment gekommen, Kamera und Blitzgeräte zu
aktivieren.
Jenseits der Schlucht öffnete sich das Tal und weiter ging der Anstieg einem Weiler mit einer
hübschen Kapelle entgegen. Hier liessen wir uns im kühlen Gras nieder und hielten ausgiebig
Mittagsrast. Auch nach der Pause war vorerst weiterhin Aufstieg angesagt, wobei wir hoch oben ein paar
viel versprechende Wiesen ansteuerten, die wir dann auch bald einmal erreichten. Fortan bewegten wir
uns in einer ständigen Höhe zwischen 1500 bis 1600 Metern und stöberten kreuz und quer
von Wiese zu Wiese. Immer wieder stiessen wir dabei auch auf Orchideen, meistens Einzelexemplare oder
kleine Gruppen. Die erhoffte Dactylorhiza sambucina war leider nicht darunter, wohl aber wiederholt
Orchis mascula, Gymnadenia conopsea, Dactylorhiza fuchsii und nach längerem Suchen schliesslich
auch noch einige Exemplare der Pseudorchis albida.
Richtig spannend wurde es, als wir zu einer Feuchtwiese gelangten, die reich besetzt war mit verschiedenen
Dactylorhiza-Arten. Darüber, dass D. majalis vorherrschte und dass auch D. lapponica vertreten war, war
man sich noch einig. Wenn jedoch einzelne Individuen bestimmt werden sollten, begannen sich die Geister der
Spezialisten zu scheiden und bald steckte man in den üblichen Diskussionen. Lapponica? ... oder Majalis
mit untypischen Blättern? ... Eine Kreuzung? ... oder ...? Im Sinne einer gütlichen Einigung
entschied man sich schliesslich, den Vorschlag von Peter zu akzeptieren und das Ding "Dactylorhiza am Hag a"
zu benennen!
Es versteht sich von selbst, dass nebst Orchideen auch zahlreiche andere Blumen entdeckt und bewundert
wurden. Aus Platzgründen verzichte ich jedoch hier auf eine Auflistung.
Und dann, kaum wollte man es glauben, ertönte im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit schon bald einmal
eine erste Mahnung betreffend Umkehr. Schnell noch hinauf auf eine letzte einladende Wiese, rasch noch einen
interessanten Bastard D. fuchsii x D. majalis dicht am Weg fotografieren und schon fand man sich mitten auf
dem Rückweg hinunter zum Dorf wieder. Die unterwegs noch gefundene Listera ovata rundete die
vielfältigen Erlebnisse des Tages ab.
Gut gelaunt und erfüllt von vielen neuen Eindrücken fanden sich die Teilnehmer der verschiedenen
Gruppen nach und nach im vereinbarten Gasthof ein. Dort liess man einen schönen Tag bei regem
Gedankenaustausch und bei intensiver Bekämpfung des Durstes langsam ausklingen. [WA]
Gruppe Marianne Greminger / Ruedi Irniger
Bericht und Foto: Göpf Grimm
Suchen ist ansteckend, Finden verleiht Flügel. So suchte die achtköpfige Gruppe unter Leitung von
Ruedi Irniger und Marianne Greminger den Südhang um den Weiler Soliva ab und "flog" begeistert wieder
ins Tal.
Kalk oder nicht Kalk - das war oft die erste Frage, gedüngt oder mager die zweite. Auf 1300m zeigen
sich Listera ovata, Fuchs' Fingerwurz und majalis zum Auftakt, Orchis mascula und ustulata als
Motivationsspritze. Schön den Fahrwegen entlang oder durchs steile Gelände? lautet die
dritte Frage.
Als Geländegänger werden wir belohnt durch den Anblick einer kleinen Kreuzotter.
Bild links: Die Gruppe Irniger im Hang - gerade noch erkennbar, beobachtet von Gruppe Albert Kurz (Foto BW).
"Da muss doch eine Holunder Fingerwurz wachsen", meint Ruedi Irniger im Gebiet auf Urgestein bei der Marke von 1650 m. Der Triumphschrei: "eine Sambucina!" ruft die verstreute Schar zusammen wie das Hirtenhorn die
Geissen. Ein schönes Exemplar, auch wenn seine Blüten verwelkt sind!
Dactylorhiza majalis oder lapponica - über der vierten Frage legt sich die Stirn in Falten.
Die Buchführung liegt in den Händen von Marianne Greminger. Sie hebt ab, so gut das im steilen
Hangmoor eben geht, als sich zwei Fliegenragwurzen finden.
Mit dem Wechsel über den Bach ins Val Caschatscha wechselt auch der Biotop: schattiger Bergfichtenwald;
sauer, feucht, moosig. Kurt schreit als Erster: "Korallenwurz". Auf bemoostem Stein bestaunen wir das zarte
Wunder einer Corallorrhiza trifida. Hier noch zwei blühende Exemplare, dort ein knospendes
Vierergrüppchen.
"Ich rieche Herzzweiblatt"; aber trotz allem Schnüffeln muss die Gruppe mit Ruedi lange suchen,
bis sie endlich auch noch Listera cordata entdeckt.
Durch so viele interessante Funde beflügelt landet die Gruppe zum Schluss im Restaurant Scopí, um sich
mit den andern auszutauschen und zu stärken.[GG]
Gruppe Walter Schmid, Bericht Walter Schmid
Nach dem Start in Curaglia um 10.45 Uhr bei idealen Wetterbedingungen galt es vorerst die Distanz von rund
600m die unausweichlich auf der Lukmanierstrasse zu absolvieren war, möglichst rasch hinter uns zu bringen,
was in zügigem Gänsemarsch am Strassenrand gut gelang. Mit der Überquerung der kleinen Brücke über den 'Rein da Medel' (1230m) waren wir bereits in orchideenträchtigem Gelände angelangt.
Überall war das Gras sehr hoch. Gemäht war noch fast nirgends, so dass wir nur vorsichtig und punktuell
die Wiesenhänge inspizieren konnten. Trotzdem fanden sich auf der Strecke zwischen der kleinen unteren
Brücke und der oberen Hauptbrücke verschiedene Arten: In einem kleinen Quellaufstoss einige Dactylorhiza
majalis sowie ein paar 'gute' D. lapponica und, wie meist an solchen Wuchsstellen, auch nicht sicher bestimmbare
Mischformen, was für verschiedene Gruppenmitglieder eine günstige Bestimmungsübung darstellte.
Im nahen Wiesenhang blühten noch etliche Orchis mascula und weiter südlich entlang des Weges fanden
sich immer wieder D. majalis, an anderer Stelle D. fuchsii und Gymnadenia conopsea im Steilhang, später
dann im ansteigenden Gelände hinter einer ebenen Mähwiese Coeloglossum viride, G. conopsea, Listera
ovata und etliche aufblühende Orchis ustulata.
Der nächste Wegabschnitt konnte zügig angegangen werden, denn es präsentierte sich hier fast
nur noch Fettwiesen, was auch im Anstieg auf der Fahrstrasse bis zur Wanderwegabzweigung Richtung Mompé
der Fall war. Das nachfolgende Gelände wies als Besonderheit am Weg Anschnittstellen von kalkhaltigem
Gestein auf, so dass eine etwas andere Zusammensetzung der Flora zu erwarten war. In der Tat zeigten sich
hier die hübschen (kalkholden) Alpenastern (Aster alpinus) sowie Steinnelken (Dianthus silvester). Neue
Orchideenarten fanden sich jedoch nicht. Nach einem relativ kräftigen, aber kurzen Aufstieg erreichte
die Gruppe eine kleine Geländeterrasse mit idealen Möglichkeiten für die verdiente Mittagsrast
(Sitzbank und Stall mit Sitzmöglichkeiten). Von diesem Punkt aus hatte man einen weiten Ausblick, speziell talaufwärts, aber auch auf die gegenüber liegenden Hänge, wo wir sogar drei Mitglieder der
Gruppe Irniger im Gelände beobachten konnten. Auf den Verkehrslärm der Lukmanierstrasse hätte
man jedoch verzichten können.
Nach der Mittagspause ging es dann auf bequemem Feldweg, vorbei an einer Antenne, in südlicher Richtung
weiter. Im nahen Hangquellmoor standen wieder einige D majalis, vereinzelt O. mascula sowie ein paar D. lapponica.
Wenig später fanden sich nochmals C. viride, G. conopsea und O. ustulata im steilen Wiesenhang oberhalb des
Weges. Da nur noch Mähwiesen Weg und Fahrstrasse säumten marschierte die Gruppe zügig weiter zum
Weiler Mutschnengia, dann zwischen den gepflegten Häusern durch zum Wanderpfad ins Val Mutschnengia. Hier
ist schieferiges, zu Rutschungen neigendes nasses Gesteinsmaterial vorherrschend. Orchideen zeigten sich keine,
ausser ein paar Blattrosetten von D. fuchsii auf der bewaldeten Südseite. Auch die vermutete Listera cordata
war nicht existent. Als Ersatz blühten einige Mehlprimel und kleine blaue Enziane. Mit etwas Geschick
meisterten alle die heiklen Stellen mit den Holzstegen. Nach der Durchquerung des engen Bacheinschnittes erreichte
die Gruppe bald den höchstgelegenen Punkt des Tages bei rund 1420 m. Hier, in den frischen hochwüchsigen Alpwiesen, standen sehr viele Germer, sowie stellenweise Trollblumen in Massen - ein wirklich spezieller Anblick.
Der letzte Exkursionsteil konnte wieder auf bequemem Alpweg zurückgelegt werden. Hier gab es auch
Möglichkeiten in kurzrasige Hänge einzusteigen, mit Erfolg, wie es sich erwies: D. fuchsii, D. majalis,
G. conopsea sowie neu ein Dutzend Pseudorchis albida in Knospe bis blühend wurden notiert. Als
''Schlussbouquet'' wären noch die riesigen Populationen D. majalis in den Feuchtwiesen nördlich
unterhalb der kleinen Kapelle bei Pali zu erwähnen. Auf dem Fahrsträsschen ging es dann in
mässigen Aufstieg zurück nach Curaglia. Beim Warten auf die andern Gruppen konnten wir uns mit
den Angeboten an Erfrischungen des Hotel Scopi auseinandersetzen und Rückschau auf die gefundenen
Arten halten. Mit 9 beobachteten Orchideenarten darf die Ausbeute als recht beachtlich taxiert werden.
Diese Arten sind im Bericht laufend notiert worden.
Besten Dank an Albert für die vortreffliche Führung und besten Dank an alle, die zum perfekten
Gelingen des Anlasses beigetragen haben. [WS]
Zur Illustration der intensiven Düngung:
Knospende majalis im Mist (Foto BW)Zusammenfassung
Bei schönem Wetter versammelten sich 24 Personen bei der Post in Curaglia um Orchideen zu suchen. Viele Wiesen rundum zeigten sich in herrlichem Blütenkleid, so dass man auf Orchideenfunde hoffen konnte. Die Wiesen blühten zwar reich. Die Pflanzenzusammensetzung zeigte aber, dass die Nutzung ziemlich intensiv
ist. Teilweise wird auch ziemlich intensiv und früh geweidet. Beides ist der Artenvielfalt abträglich,
inklusive Orchideen.
Da in der Gegend verschiedene Gesteine anzutreffen waren, fanden wir aber doch viele Orchideen in zum Teil
recht grossen Populationen pro Art. Mit 16 gefundenen Orchideenarten ist das Rasterfeld recht gut besetzt.
Wenn man gezielt sucht, findet man doch recht viel.
Orchideen-Fundliste | |
Coeloglossum viride | Grüne Hohlzunge |
Corallorrhiza trifida | Europäische Korallenwurz |
Dactylorhiza fuchsii | Fuchs- Fingerwurz |
Dactylorhiza lapponica | Lappländische Fingerwurz |
Dactylorhiza majalis | Breitblättrige Fingerwurz |
Dactylorhiza sambucina; | Holunder - Fingerwurz |
Epipactis atrorubens | Braunrote Sumpfwurz |
Gymnadenia conopsea | Mücken - Handwurz |
Listera cordata | Kleines Zweiblatt |
Listera ovata | Grosses Zweiblatt |
Ophrys insectifera | Fliegen - Ragwurz |
Orchis mascula | Manns - Knabenkraut |
Orchis ustulata | Angebranntes Knabenkraut |
Platanthera unbestimmt | Waldhyazinthe unbestimmt |
Pseudorchis albida | Weissliche Höswurz |
Im Herbst 2005 bei der Vorbereitung der Exkursion gefunden: Epipactis helleborine - Breitblättrige Sumpfwurz [AK]
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Aktualisiert 27. 01. 2009