Ofenpass-Val Müstair, 7./8. Juli 2012
Autoren Niklaus Kohler, Fotos: Suzanne Gutknecht, Ursula Lienhard, Jürg Luder
Samstag, 7.7.2012
Nach mehrstündiger Fahrt dürfen die ÖV-Benutzer ihr Gepäck in den Autos der individuell Angereisten versorgen. Um 11 Uhr steigen wir alle unter der Leitung von Göpf Grimm und Paolo Trevisan vom Ofenpass aus (Postautohalt "Süsom Givé") auf einem rauen Bergweg südlich auf die "Alp Davo Plattas" und überwinden dabei 150 Höhenmeter. Eine Vielfalt von Bergblumen, darunter einige Orchideenarten, insbesondere Gymnadenia odoratissima in unglaublicher Anzahl, begeistern alle und erleichtern den Aufstieg. Bereits ist es Mittag und wir breiten uns auf einer Bergwiese zum Lunch aus. In unserem Rücken erhebt sich nochmals etwa 100 m höher "Il Jalet" (2392 m). Ein steiler Hügel, den die meisten nach dem Essen noch erklimmen möchten, weil die vielen Silberwurz und Edelweiss auch noch die Zwergorchis versprechen, die wir ganz oben tatsächlich in etwa 10 Gruppen vorfinden.
Alp Plattas Zmittag Alp Plattas Aufstieg zum Gipfel Il Jalet Aufstieg zum Gipfel Il Jalet vom Gipfel Sicht ins Münstertal Beim Aufstieg zum Il Jalet Alpenwaldrebe Corallorhiza trifida - Korallenwurz Pseudorchis albida - Weissliche Höswurz Coeloglossum viride - Hohlzunge Nigritella rubra Alp Plattas, Nigritella rubra Alpen-Klee Alpenwiesenraute Alp Plattas, Gym. odoratisima x Nig. rubra
Unentwegte umrunden den Gipfel und werden auch noch mit roten Männertreu belohnt. Nach dem Abstieg reicht es für eine kleine Erfrischung auf dem Ofenpass, wo tagsüber ein fürchterlicher Strassenverkehr, insbesondere Horden von Töfffahrern, die Umwelt auch akustisch beeinträchtigt.
Pezzas Tschierv - Kreuzotter Mit dem Postauto fahren wir gemeinsam nach "Tschierv" und halten direkt beim Hotel Staila mit je einem Gästehaus beidseits der Strasse. Einige erforschen sogleich noch das nahegelegene Biotop "La Stretta" oder das Naturschutzgebiet "Pezzas" bei den Rombach-Quellen.
Um 18 Uhr ist ein Vortrag im "Zentrum Tschierv der Biosfera Val Müstair – Parc Naziunal" angekündigt. Valentin Pitsch, Lehrer, führt uns in die Geologie seines Tals ein. Während auf dem Ofenpass Kalk und Silikat abwechselnd vorkommen, schirmt weiter östlich der aus Silikatgestein aufgebaute Piz Terza das Münstertal vom Nordwind ab, was eine sehr eigenartige Felsensteppen-Vegetation fördert. Früher wurden die Fluren im Tal durch sogenannte Auals bewässert, die den Walliser Suonen entsprechen. Im Zentrum liegt eine Karte auf, wo bestätigte und vermutete Auals eingezeichnet sind. Heute sind wie im Unterengadin Wasserleitungen und Spritzen auf vielen Wiesen fest eingebaut. Interessant ist ausserdem, dass das Val Müstair durch den Rombach via Etsch ins Mittelmeer entwässert wird, wogegen die Aua da Val Mora im südlichen Paralleltal in den Inn und damit ins Schwarze Meer führt. Valentin Pitsch illustriert seine Präsentation mit wunderschönen Bildern von Bergen, Reptilien, Insekten und Blumen, und er begeistert uns alle mit seinem Wissen und vom Gipfel Sicht ins Münstertal freundlichen Auftreten.
Sonntag, 8.7.2012
Trotz Strassennähe hat eine Mehrheit im Hotel Staila gut geschlafen, da der Verkehr nachts glücklicherweise ruht. Nach dem Frühstück fahren wir mit dem Postauto um 9 Uhr nach Lü mit Umsteigen in Fuldera. Lü liegt auf der linken Talseite etwa 300 m über dem Talboden auf 1920 m. Von dort aus steigen wir auf einem bequemen Strässchen zur Alp Champatsch auf 2136 m, wo in einem leeren Kuhstall Aprikosenkuchen oder Hirschsalsiz serviert wird, da es draussen ein wenig regnet. Tausende von Blumen, vor allem am bergseitigen Hang, lassen uns immer wieder stillstehen. In ein paar kleinen Hangmooren kurz vor der Alphütte entdecken wir ein paar neue Sorten wie Bachbungen-Ehrenpreis, Dactylorhiza majalis und/oder Dactylorhiza cruenta.
Bequemer Weg am Sonntag Gymnadenia odoratissima, welch ein Duft Natürliches Stilleben bei Champatsch Epipactis atrorubens bei Aua da Laider Alp Champatsch Dact. cruenta Feuerlilie bei Tschierv Stärkung nach dem Aufstieg Stärkung nach dem Aufstieg
Alpen-Bergscharte Auch das Reden kommt nie zu kurz!
Kurz nach dem Essen scheint die Sonne erneut, und ein ebenfalls leichter Abstieg hinunter nach Tschierv führt uns an wunderbaren Blumengruppen vorbei, eindrücklich die riesigen Alpen-Bergscharten und vermehrt auch Epipactis in voller Blüte. Ohne Hast treffen wir wieder beim Hotel ein, behändigen das deponierte Gepäck und werden ohne Verspätungen trotz vielen Ferienreisenden ins Unterland zurück gefahren. Diese zweitägige Exkursion bildet zweifellos einen Höhepunkt in der Agenda der AGEO. Danke den Organisatoren für dieses grosse Erlebnis! Uns allen ist bewusst, dass die AGEO viele ältere Menschen zu ihren Mitgliedern zählt, und immer wieder hört man von einigen, die gar nicht mehr in der Lage sind, selbstständig in die Natur hinauszuziehen, um unsere prächtigen Blumen wiederzusehen. Umso mehr hat es Freude bereitet zu sehen, wie Thomas Stricker es seinen Eltern Edi und Beatrice ermöglicht hat, die Exkursion wenigstens teilweise mitzumachen. So waren sie bei der abendlichen Präsentation von Valentin Pitsch in Tschierv zugegen und durften mit einer Sondererlaubnis am Folgetag sogar zur Alp Champatsch hinauffahren, um unter uns zu sein. Und nach dem Abstieg nach Tschierv haben sie zu dritt bei den Feuerlilien auf uns gewartet, um sich nochmals zu verabschieden.
Ofenpass bis Alp Davo Plattas: 7. Juli 2012 |
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Coeloglossum viride |
Grüne Hohlzunge |
Epipactis atrorubens |
Braunrote Stendelwurz |
Corallorhiza trifida |
Korallenwurz |
Gymnadenia conopsea |
Mücken-Handwurz u. Wohlriechende Handwurz |
Pseudorchis albida |
Weissliche Höswurz |
Sowie:
Kerners Kugelschötchen, Gestreifter Seidelbast, Waldwachtelweizen, Mondraute, Kriechendes Gipskraut, Clusius-Enzian, Silberwurz, Berg-Gamander, Wintergrün, Alpen-Waldrebe, Alpenklee, Gemswurz-Greiskraut
Alp Davo Plattas und Il Jalet: |
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Gymnadenia odoratissima |
Hybrid Handwurz/Männertreu |
Pseudorchis albida |
Weissliche Höswurz |
Platanthera bifolia |
Zweiblättrige Waldhyazinthe |
Nigritella rhellicani |
Schwarzes Männertreu |
Nigritella rubra |
Rotes Männertreu |
Coeloglossum viride |
Grüne Hohlzunge |
Chamorchis alpina |
Zwerg-Orchis |
Sowie:
Alpen-Lein, Knolliges Läusekraut, Bärtige Glockenblume, Graues Greiskraut, Edelweiss, Kugelblume, Alpen-Wiesenraute, Stiefmütterchen
Tschierv: Biotope La Stretta und Pezzas:
Rosmarinblättrige Weide, Kreuzblättriger Enzian, Wiesen-Platterbse, Perücken-Flockenblume, Kreuzotter, Grasfrosch, Feuerlilie, Gefleckte Flockenblume, Alpenlattich
Lü bis Alp Champatsch: 8. Juli 2012 |
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Ophrys insectifera |
Fliegenragwurz |
Gymnadenia conopsea |
Hunderte, ja tausende von Mücken- und Wohlriechenden Handwurzen |
Div. Nigritellen |
Männertreu |
Epipactis atrorubens |
Braunrote Stendelwurz |
Dactylorhiza cruenta |
Blutroter Fingerwurz |
Sowie:
Deutscher Enzian (weiss), Guter Heinrich, Pyrenäen-Bergflachs, Alpen-Bergflachs, Erdrauch, Wollköpfige Distel, Mannstreu, Lupinen, Schattenblume, Quirlblättriges Läusekraut, Rundblättriges Wintergrün, Niedliche Glockenblume, Arnika, Bachbungen-Ehrenpreis, Sumpf-Läusekraut, Schlangen-Wegerich, Lärchenblättrige Miere
Abstieg nach Tschierv: |
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Ophrys insectifera |
Fliegenragwurz |
Epipactis atrorubens |
Braunrote Stendelwurz |
Epipactis distans |
Langgliedrige Stendelwurz |
Sowie:
Schnee-Enzian, Trauben-Steinbrech, Bach-Schaumkraut, Spitzkiel, Wiesen-Steinbrech, Alpen-Tragant, Alpen-Linse, Alpen-Bergscharte, Feuerlilie
Und drei weitere gefundene Raritäten:
Art |
Fundort |
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Monte Baldo-Segge |
Carex baldensis L. |
Valbella (N des Munt da la Bescha) 7.7.12 |
Zwerg-Baldrian |
Valeriana supina Ard. |
Valbella (N des Munt da la Bescha) 7.7.12 |
Sumpf-Dreizack |
Triglochin palustris L. |
Hangmoor auf Alp Champatsch 8.7.12 |
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Aktualisiert 17. 09. 2012