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Ende gut – alles gut

Autoren und Fotos: Maria Merz und Fred Wälchi


Unsere kleine Apifera-Geschichte

Im Laufe des Jahres 2008 hat uns Ruedi Irniger verschiedene Koordinaten von Ophrys apifera (Bienen-Ragwurz) in unserer Region zur Überprüfung mitgeteilt, unter anderem einen Standort in Ebligen am Brienzersee.
Als Anfänger suchen wir die Ophrys apifera im Blüh-Stadium: Eine eher kleine, unauffällige Blume in einer riesigen Magerwiese mit hohem Gras und vielen wunderschön farbigen Blumen. So ist es kein Wunder, dass wir bald erfolglos und entmutigt aufgeben.
Später lernen wir dann von Kennern:
Die Ophrys apifera treibt bereits im Herbst aus und diese Rosetten findet man am ehesten ganz früh im Frühjahr, wenn das Gras noch nicht gewachsen ist.
Also nehmen wir einen neuen Anlauf. Im März 2011 finden wir in Ebligen Rosetten, die wir anfänglich als Ophrys insectifera identifizieren (weil wir die zu kennen glaubten). Anlässlich der AGEO-Rosetten-Exkursion vom 12.3.2011 im Jura lernen wir von Marianne Greminger die feinen Unterscheidungsmerkmale von Ophrys apifera- und Ophrys insectifera-Rosetten kennen.
- Ophrys apifera:       Blätter eher flach am Boden, Zentrum kreisrund offen  
- Ophrys insectifera:  Blätter eher aufrecht, Zentrum nicht offen

Rosette Bienen-Ragwurz, Foto Maria Merz, Fred Wälchi Rosette Bienen-Ragwurz Rosette Fliegen-Ragwurz, Foto Maria Merz, Fred Wälchi Rosette Fliegen-Ragwurz

Am nächsten Tag gehen wir sofort in Ebligen nochmals nachschauen und stellen fest: Ja, es müssten Ophrys apifera sein. Wir sind ganz aufgeregt und suchen die ganze, grosse und steile Wiese in den nächsten Tagen mehrmals ab und zählen am Schluss ungefähr 50 Rosetten. Wir versehen die kräftigsten mit Steckli. Um ganz sicher zu sein, besuchen wir das Gebiet noch mit einem Orchideenkenner von Pro Natura, und auch Marianne Greminger besichtigt mit uns den Standort. Beide bestätigen uns, dass es sich um Ophrys apifera handelt. Diese sind in unserer Region sehr selten geworden.
Wir freuen uns überschwänglich auf die Blütezeit einer so grossen Population – und werden brutal enttäuscht. Der warme und vor allem trockene Frühling 2011 lässt ausnahmslos alle Ophrys apifera vertrocknen, Ende Mai sind nur noch schwarze, abgestorbene Blätter oder gar nichts mehr zu finden.
Nach der Enttäuschung kommen aber nach und nach andere Gedanken auf: Wird dieses Gebiet auch orchideenfreundlich gepflegt, damit dieser Schatz nicht verloren geht, wie so viele andere?

Ophrys apifera, Bienen-Ragwurz, Foto Maria Merz, Fred Wälchi Ophrys apifera, Bienen-Ragwurz
Auf vielen Umwegen, über Privatpersonen, Förster, Regionalkonferenz lande ich schliesslich beim LANAT (Amt für Natur und Landwirtschaft) des Kantons Bern. Dort werde ich vom zuständigen Herrn Thomas Leu sehr freundlich und interessiert angehört und beraten. Das Gebiet ist ein ausgewiesener Trockenstandort. Herr Leu informiert mich aber gleichzeitig, dass noch kein Bewirtschaftungsvertrag mit den zwei betroffenen Landwirten existiere. Er wolle das an die Hand nehmen und bedankt sich, dass wir die seltenen Orchideen mit genauen Koordinaten gemeldet haben, damit für deren Schutz gesorgt werden kann.
Im März 2012 finden wir weit weniger Rosetten, aber immerhin einige, die wir wieder mit Steckli markieren. Im Mai orientiert uns Herr Leu, dass er mit den zwei Bewirtschaftern eine Begehung machen will und uns dabeihaben möchte, damit wir die Orchideen zeigen können. So treffen wir uns am 11. Juni 2012 und zum Glück blühen tatsächlich ca. 8 Exemplare wunderschön.
Die zwei Bewirtschafter, ein ca. 50-jähriger Bauer und eine ca. 40-jährige Bäuerin, reagieren sehr unterschiedlich. Der Bauer sieht die Blume kurz an und meint dann fast spitzbübisch, wenn die (Ophrys apifera) so selten und so wertvoll sei, bekomme er ja sicher je Fr. 100.00. Die Bäuerin hat wirklich Freude und Interesse und will die anderen Orchideen auf derselben Wiese auch anschauen - Cephalanthera rubra, Platanthera bifolia, Platanthera chlorantha und leider schon verblüht: Cephalanthera longifolia, Cephalanthera dama­sonium sowie Orchis mascula. Ich gebe den Bauern eine kleine Dokumentation mit schönen Fotos, damit sie zuhause noch etwas über Orchideen nachlesen können, wenn wir jetzt ihr Interesse geweckt haben. Eine Mitarbeiterin von Herrn Leu hat Unterlagen für Verträge dabei und handelt alles individuell und im Detail aus. Ich staune, wie kompliziert und ausgeklügelt die Beiträge berechnet werden.

Wir sind glücklich, dass alles so gut herausgekommen ist. Es gab keine Unstimmigkeiten zwischen den doch ver­schiedenen Interessen der Bewirtschafter, der Natur­schützer und Amts­per­so­nen. Der Um­gangston war geprägt von Respekt und Verständnis.
Die Verträge laufen, die Landwirte erhalten ihre ver­dienten Beiträge und die Orchideen haben ihre Lebenschance.


Ende gut – alles gut.

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Aktualisiert 17. 09. 2012

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