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AGEO Exkursion Eigental und Oberembrach

Exkursion Samstag, 25. Mai 2013
Autorin: Anne Traub, Fotos: Anne Traub (AT), Thomas Ulrich (TU), Roland Wüest (RW)


8:30 Uhr in Oberembrach, Foto Thomas Ulrich 8:30 Uhr in Oberembrach (TU) Um halb neun versam­melte sich eine grosse Gruppe Orch­ideen­freunde im Dorfzentrum von Oberembrach, die sich nicht durch den feucht-kalten Wetter­be­richt hatten abschre­cken las­sen, um nach wenigen be­grüssenden Worten von Jürg Luder gleich loszustiefeln. Wir waren alle mit Re­genmontur, einem Faserpelz und Kamera für den Tag gut ge­rüstet. Das Dorf hinter uns lassend, wenden wir uns dem Ei­gental zu. Für viele von uns ist dies eine ziemlich unbekannte Gegend, nicht weit und doch fremd. So sind wir doch sehr überrascht, als uns Jürg ein von ihm zusammen­ge­stelltes In­formationsblatt verteilt. Auf kleinem Raum zeigt das Blatt eine grosse Vielfalt an Orchideen und ihren kleinen, aber feinen Standorten im Wald oder auf Wiesen, die versteckt in­mitten von Kulturland der Gemeinde Oberembrach liegen. Ei­nen klei­nen Teil davon will Jürg uns nun zei­gen.

Zunächst ein paar un­scheinbare Liste­ra ovata am Weg­rand, von denen wir heute noch sehr viele sehen werden. Und dann, gleich­sam zur Vor­speise, die ersten, prächti­gen Orchis pur­pu­rea ganz versteckt im Wald. Etwas weiter dann eine gelichtete Waldstelle, die vielen Pflänzlein einen neuen Lebensraum bietet, doch wir konnten um diese Zeit noch nichts Aufregen­des unter den Föhren entdecken.

Versteckt im Wald von Endlibuck, Foto Anne Traub Versteckt im Wald von Endlibuck (AT) Jürg gibt Hintergrundinformationen, Foto Thomas Ulrich Jürg gibt Hintergrundinformationen (TU)

Die AGEO im Hangmoor, Foto Thomas Ulrich Die AGEO im Hangmoor (TU) Schon wenige Minu­ten später, im feuchten Hangmoor, entde­cken wir einige lila Punkte: aufblü­hende Dacty­lorhiza incarnata und einige blühende Dacty­lorhiza traun­steinera. Schon ent­stand die erste Diskus­sion, waren es wirklich „reinrassige“ Exemp­lare oder nicht doch noch einige Hybri­den dabei? Zwei auf­merk­same Beobachter ent­deckten sogar zwei Ophrys insectifera, von denen Jürg in anderen Jahren an die­sem Standort einige mehr gesehen hatte. Hier war auch schon das erste Mal unsere Disziplin gefordert, denn für begeisterte Orchideen­liebhaber und Foto­grafen ist es nicht so einfach, sich strikt nur im Gänse­marsch zu bewegen.
Auf den Waldstücken zwischen den Wiesen immer wieder mal ein Grüppchen von Neottia nidus-avis. Nach einem dunklen Waldstück öffnete sich auch der Blick in das einsam und etwas verwunschen (oder eigen) wirkende Tal. Jürg erwähnte auch die gesperrte Talstrasse wegen der seit langem und aus unterschiedlichen Gründen verschobenen Sanierung. Das Internet verriet mir einen der Gründe. Das Tal birgt nicht nur einen grossen Pflanzenreichtum, sondern auch einen grossen Amphibienreichtum mit einer dichten Froschwanderung.
Unser Weg führte durch eine farben­prächtige Wiese mit Obst­bäumen. Gelb leuchten Klappertopf und Ha­bermark, dazu das Blau des Wie­sensalbeis. Diese saf­tige Wiese gehört wohl zum stattlichen Hof Ei­gental.

Schutzgebiet im Eigental, Foto Roland Wüest Schutzgebiet im Eigental (RW) Weiter oben dann eine ganz andere, magere Wiese, die steil zum Waldrand ansteigt, durchsetzt von Föhren, blühenden Weiss­dornbüschen und einem kleinen Kirschbaum. Eine Tafel infor­miert uns, dass wir uns nun in ei­nem privaten Schutzgebiet befinden. Ein kleiner Pfad führt verheissungsvoll hinan, mit kleinen Stöcken markiert. Und schon die ersten „Ah’s und Oh’s“ über die Kostbarkeiten am Wegrand. Zunächst ein paar knospende Platanthera, darüber waren wir uns einig. Später dann auch einzelne Blüten, dank deren deutlich zu erkennen­den Spornes wir auf eine Platan­thera bifolia schlossen. Einige zierliche Knospenstände der Gymnadenia conopsea. Dann Ophrys araneola, immer mehr, blühend und abblühend. Und eine Vielzahl von Ophrys insectifera mit erstaunlich grossen, breiten Blüten, die eine Vermischung mit Ophrys araneola vermuten liessen. Ge­gen den Waldrand hin eine Vielzahl von prächtig blühenden Orchis purpurea.
Was für Prachtexemp­lare, die Kameras klickten auf Hochtouren, sich ans Weggebot zu halten, fiel manch einem schwer. Und im Wald dann noch einige Horste von blühenden "Fraueschüeli" (Cypripedium cal­celous), gleich­sam das i-Tüpfelchen auf diesem wunderbaren Orchideen­standort!

Schwierigkeiten bei den Dactylorhizen:
reine Form oder Hybrid - wenn ja, von welchen Eltern?

Habitus D. incarnata (Glaubenbüelen), Foto: Roland Wüest D. incarnata (Glaubenbüelen, RW) Habitus D. majalis (Glaubenbüelen), Foto: Roland Wüest D. majalis (Glaubenbüelen) (RW)

Blütenstand D. incarnata (Alpnach), Roland Wüest Blütenstand D. incarnata (Alpnach, RW) Blütenstand D. incarnata x majalis = D. x aschersoniana (Nachtweid), Roland Wüest Blütenstand D. incarnata x majalis =
D. x aschersoniana (Nachtweid) (RW)
Blütenstand Dactylorhiza majalis (Wasserwerk Zürich), Foto: Roland Wüest Blütenstand Dactylorhiza majalis (Wasserwerk Zürich) (RW)



...und noch eine weitere Kombination.

Zur Verdeutlichung sind auch Fotos der reinen Arten (an anderen Orten fotografiert) dargestellt.

Habitus D. incarnata (Glaubenbüelen), Foto: Roland Wüest D. incarnata (Glaubenbüelen, RW) D. incarnata x traunsteineri = D. x dufftii (Ifang), Roland Wüest D. incarnata x traunsteineri =
D. x dufftii (Ifang) (RW)
Habitus D. traunsteineri (Aueli), Foto: Roland Wüest Habitus D. traunsteineri (Aueli) (RW)

Blütenstand D. incarnata (Alpnach), Roland Wüest Blütenstand D. incarnata (Alpnach, RW) Blütenstand D. incarnata x majalis = D. x aschersoniana (Nachtweid), Foto: Roland Wüest Blütenstand D. incarnata x majalis =
D. x aschersoniana (Nachtweid) (RW)
Ophrys insectifera (Eigental), Foto: Roland Wüest Blütenstand Dactylorhiza traunsteineri (Eigental) (RW)


Bei den folgenden Pflanzen ist die Bestimmung zum Glück wieder einfacher.
Ophrys insectifera (Eigental), Foto: Roland Wüest Ophrys insectifera (Eigental) (RW) Ophrys araneola (Eigental), Foto: Roland Wüest Ophrys araneola (Eigental) (RW)  Purpurknabenkraut, Foto Thomas Ulrich Purpurknabenkraut (TU) Purpurknabenkraut, Foto: Roland Wüest Purpurknabenkraut (RW) Cypripedium calceolus (Steichel), Foto Anne Traub Cypripedium calceolus (AT) Cypripedium calceolus (Steichel), Foto: Roland Wüest Cypripedium calceolus (RW)


Leider machte diese Trockenwiese bei diesem Wetter ihrem Namen keine Ehre, der Pfad wurde unter diesen vielen Wan­derschuhen eine rutschige Herausforderung. Im Abstieg durch den Wald entdecken wir eine grosse Gruppe von knospendem Türkenbund, immer wieder freut mich der Anblick, wie sich die Knospen aus dem „Winterpelz“ herausarbeiten.

So eine Überraschung, Foto: Anne Traub So eine Überraschung (AT) Schon von weitem hörten wir das Horn eines Postautos. In­mitten der Häusergruppe des grossen Hofes Eigental stand die alte Reisepost von 1975 bereit und der gesellige Chauffeur Ruedi Gerber hiess uns einsteigen. Wohl extra für unsere schlammigen Schuhe war der Boden mit Plastik ausgelegt, ganz dreckige Schuhe konnten auch noch abgebürstet wer­den. Als alle einen Platz gefunden hatten, war endlich auch klar, wie viele Personen diese Gruppe zählt: Das Posti hat 44 Sitzplätze und diese wa­ren alle besetzt. Die fröhliche Fahrt führte uns über das Dorf Birchwil und nach einer etwa 10 minütigen Fahrt ein kurzer, aber lohnens­werter Zwi­schen­halt. Jürg führte uns zu einem lothar­gelichteten Wald­stück (Ibruch) mit eini­gen (auf-) blühenden Horsten Cypripedium cal­celous. Trotz des Eifers der Fotojagd passten wir dabei jedoch sehr auf, um nicht die vielen knos­penden oder vegetativen Pflanzen zu zer­treten. Einfach immer wieder wunderschön, diese „Fraue­schüeli“! Schön auch die auf­blühenden Blüten, wie sich das Gelb aus dem dunklen, kon­trastierenden Rotbraun schält. Und auch hier im Wald ei­nige grosse Pflanzen der blü­henden Orchis purpurea.
Wieder im Postauto, konnten wir durch die Frontscheibe in der Ferne trotz der tief hängenden Wolken den Rücken der Lägern erkennen. Und fröhlich grüsste das Posthorn eine Bekannte unterwegs. Nach wenigen Minuten Fahrt ein weiterer, nur sehr kurzer Zwischenhalt an einer Böschung der Wiese Grosszelg. Jürg machte uns den Mund wässrig, in dem er uns erzählte, in den Neunziger Jahren habe er hier den ersten Standort im Kanton Zürich mit einer Orchis simia entdeckt, verifiziert vom Präsidenten persönlich! Tatsächlich, im Buch von Beat Wart­mann entdecke ich nur zwei Punkte auf der Verbreitungskarte im Raum Kanton Zürich: der eine, als Eglisau zu erahnen, der andere müsste Oberembrach sein! Nur leider wurden dieses Jahr keine Exemplare gefunden. Ganz sicher werden im nächsten Jahr einige AGEOler hier zu finden sein! Nostalgische Postautofahrt ab Eigental, Foto Roland Wüest Nostalgische Postautofahrt ab Eigental (RW) Nostalgische Postautofahrt ab Eigental, Foto: Thomas Ulrich ...fast gefüllt(TU)

Und nochmals ein kleiner Halt, im Nieselregen, ein kleines Flachmoor an der Strasse, geschmückt mit den vielen lila Tupfen der Dacty­lorhiza majalis, passend, denn noch haben wir ja den Monat Mai.
Die Bratwürste haben es heiss, ... Foto Thomas Ulrich Die Bratwürste haben es heiss, ... (TU) ...manche AGEOler warm..., Foto: Thomas Ulrich ...manche AGEOler warm... (TU) und andere lieben die Frische, Foto Roland Wüest und andere lieben die Frische (RW) Im Stutz, einem Waldstück bei Ober Wagenburg, war­teten ne­ben einer Waldhütte schon dreissig fertig ge­bratene Brat­würste auf uns, die wir am warmen Cheminée in der Waldhütte ge­nüsslich ver­speisten.
Dazu frischen Emb­racher Wein oder Süssmost. Und zum Dessert ein riesen Nussgipfel mit Kaffee, auf Wunsch mit Güx. Alles schön vorbe­reitet von Männer­chor-Kollegen von Jürg. An dieser Stelle nun ein riesi­ges Dan­ke­schön an den Or­ganisator Jürg Lu­der!!!
Er führte uns nicht nur zu einer grossen Vielzahl von Kleino­den, sondern hatte die Exkursion auch super organisiert, mit Postauto und vorbe­rei­tetem Mittags­essen in der Wald­hütte! Er verriet uns, dass er in diesem Jahr immer noch sei­nen 70igsten Ge­burtstag feiert. Da ihm das Le­ben auch heute noch so wunder­bar gesinnt sei, habe er die­sen runden Ge­burtstag zum Anlass genommen, an verschie­denen Gelegen­heiten im Laufe des Jahres mit anderen Men­schen zu feiern und so auch uns die­sen heutigen Anlass zu schenken. Mit ei­nem grossen Applaus vor der Waldhütte be­dankten wir uns. Allfäl­lige Spenden, zu Gunsten der AGEO, würde Maja Wolf entge­gen nehmen.

Auch der Posti-Chauffeur hatte seine Wurst erhalten und ver­abschiedete sich. Nun hiess es wieder laufen, inzwischen bei wärmendem Sonnenschein. Im Dürstental ein kleines, schon älteres und nicht kantonales Naturschutzgebiet, zu dem wir in Einerkolonne dem Waldrand entlang stapften. Plötzlich ent­deckten wir ein paar stattliche Orchis mascula, recht eindeutig zu erkennen. Doch dann fing das Fachsimpeln schon an über einzelne der violetten Knabenkräuter: war es nun eine blü­hende/aufblühende Dactylorhiza majalis oder doch eine Dactylorhiza fuchsii, auch Orchis mascula wurde genannt. Im Zweifelsfall sicher ein Hybrid… Maja Wolf, die die Aufgabe des Herdenhundes übernommen hatte, unterbrach die Diskussion und drängte zum Rückweg, zurück auf die Strasse.
Wie bunte Ameisen spazierte vor uns eine lange, verzettelte Reihe ent­lang der Strasse das Dürstental hinab.

Ameisenkolonne ..., Foto: Thomas Ulrich Ameisenkolonne ... (TU) ...im Dürstental, Foto Thomas Ulrich ...im Dürstental (TU)

Gepflegtes Strassenboard ..., Foto: Roland Wüest Gepflegtes Strassenboard am Stutz ... (RW) ...mit Information, Foto: Thomas Ulrich ...mit Information (TU) Auch am Strassenrand gab es noch einiges zu entdecken. Auf einem kleinen, von Jürg eingezäunten Standort, wies eine Tafel auf ein noch klei­nes Pflänzchen der Epipactis muelleri, daneben noch etwa 50 Epipactis atrorubens beisammen.

Wo geht's lang?, Foto: Thomas Ulrich Wo geht's lang? (TU)
Wieder ein paar Schritte weiter einige Nestwurze und erneut Purpur-Knabenkraut. Oder die schönen Blüten in Weiss, Rosa oder Weinrot des Immen­blattes. So vieles gab es zu entde­cken und zu diskutieren, dass wir (eine kleine Nachhut) plötz­lich die Ab­zweigung ver­passten und weit und breit keine AGEO-Gruppe mehr sahen. Doch das sehr gute Plänli von Jürg führte uns schnell wieder auf den richti­gen Weg.

Der dichte Wald hier schützte uns vor dem einset­zen­den Regen. Viel Aufmerksam­keit erregte ein rosa Ha­senglöck­chen am Weg­rand, nein, keine Orch­idee. Dafür dann weitere Standorte mit Orchis purpurea. Wir über­quer­ten eine Lichtung mit einer bun­ten Wiese. Das Blau des Wie­sensalbeis war so intensiv, dass es fast blen­dete. Dazwi­schen Wiesenmargeri­ten, Bocksbart und Habichtskräu­ter und/oder Pippau. Zum Abschluss auf dem Rückweg ins Dorf noch eine weitere Sensation am Strassen­rand, der Echte Steinsame.

Echter Steinsame, Foto: Anne Traub Echter Steinsame (AT) iBotaniker mit Trifolium, Foto: Thomas Ulrich iBotaniker mit Trifolium (RW)

Ein schöner AGEO-Tag geht zu Ende, Foto: Thomas Ulrich Ein schöner AGEO-Tag geht zu Ende (TU)
Reichbeschenkt durch diesen vollen und im Allgemeinen doch recht trockenen Tag, traten wir dann gegen 16 Uhr unseren Heimweg an. Regenhose und Wander­schuhe waren heute vor allem für die Nässe von unten hilf­reich, für die Nässe von oben musste der Schirm zum Glück kaum zum Einsatz kom­men, immer wieder schaute sogar die Sonne hervor.
Ganz sicher wer­den viele von uns wieder kom­men. Der Flyer von Jürg Luder ver­spricht ja noch ei­nige wei­tere, noch zu ent­deckende Stand­orte auch im weite­ren Verlauf des Jahres.

 

 

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Aktualisiert 03. 07. 2013

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