2011/2012 Jahr der Holunder-Fingerwurz
Dactylorhiza sambucina
(L.) Soó
Fotos: Walter Schmid, Airolo Mot. Bartola und Christophe Boillat, Fully (ganz rechts) |
Synonyme: | Orchis sambucina (L.); Orchis mixta var. sambucina RETZ.; Orchis incarnata WILLD. non L.; Orchis schleicheri SWEET; Orchis lutea DULAC; Dactylorchis sambucina VERMLN.; Dactylorhiza latifolia (L.) BAUMANN & KÜNKELE; | |
Etymologie: | Lateinisch: sambucus = Holunder Die Blüten des Schwarzen Holunders verströmen einen starken, fast betäubenden, süsslichen Geruch. D. sambucina soll einen ähnlichen Duft besitzen. |
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Unterirdische Teile: | Knollen 3-4 cm lang, verlängert runkelrüben- bis eiförmig, im untersten Bereich in 2 oder 3 Zinken geteilt, dies unterschiedlich ausgeprägt je nach Entwicklungsstand. Beim Knollenansatz 5-7 ± seitlich abgehende, etwas gewundene, relativ dicke, nicht besonders lange Wurzeln. Im untersten Stängelteil 2 (1-3) Schuppenblätter | |
Stängel u. Blätter: | Stängel 10-25 (30) cm, hohl, Laubblätter 4-7, grün, etwas glänzend, ungefleckt, lanzettlich, 5-12 cm lang, 1-2.5 cm breit, schräg aufwärts stehend und meist etwas gedrängt im unteren Stängelteil angeordnet. Zudem sind oft 1 oder 2 kleinere Einzelblätter im oberen Teil des Stängels ausgebildet. | |
Blütenstand: | Vor dem Aufblühen seitlich überhängend. Voll entwickelt bis 35 cm lang, ± einseitswendig (vermutlich standort- bzw. lichtbedingt), mit zahlreichen Blüten (6-70). Tragblätter abstehend, lanzettlich, oberseits ganz schwach behaart, die untersten die Blüten weit überragend. Blütenstängel mässig bis stark, Fruchtknoten samt Stiel nur schwach behaart, letzterer oft schmutzig violettrosa angehaucht. Verkehrt eiförmige Samenkapseln bei fruchtender Pflanze aussen meist mit vertrockneten Blütenresten. | |
Blütenstand: | Eiförmig, relativ breit, dicht- und reichblütig (bei starken Pflanzen, bei schwachen Exemplaren auch blütenarm). | |
Brakteen: | Kräftig, die unteren meist länger als die Blüten, hellgrün (auch der Fruchtknoten), mit dunkleren Adern bei gelber Variante, schmutzig purpur mit grünlichen Adern bei roter Variante (hier Fruchtknoten rötlich überhaucht). | |
Blüten | Gelb oder rot (die Art ist polychrom), relativ gross (18 mm hoch, 10 mm breit), oft rot und gelb vermischt. Seitliche Sepalen ± hochgeschlagen, die übrigen 3 Perigonblätter mehr oder weniger eng über die Säule geneigt. Lippe 7.5-12 mm lang und 9.5-17 mm breit, meist nur schwach dreilappig. Sporn 10-18 mm lang und 2.5-4.5 mm dick, unterschiedlich ausgeprägt abwärts gebogen. Bei gelben und roten Blüten beidseits des Sporneingangs entspringend eine aus roten Punkten und kurzen Strichen zusammengesetzte, zumeist schleifenartige Zeichnung. Rein gelbe Blüten oder solche mit in grösserem Umfang rot gesprenkelter Lippe sind selten. Rote Blüten: Das Rot dieser Variante ist unterschiedlich, z.B. ein mehr bläuliches, kräftiges Rosa, ein ins Orange tendierendes oder lachsfarbenes Rot. Der Lippengrund ist oft gelblich, das Innere der Schleifenzeichnung manchmal rein gelb, die dunkelrote Zeichnung oft unscharf bis schwach. Der Fruchtknoten ist so weit gedreht, damit die Lippe abwärts orientiert ist, um als Landeplatz für das Insekt zu dienen. |
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Bestäubung: | D. sambucina ist eine Nektartäuschblume. Aus der ehemaligen DDR werden Hummeln als Bestäuber zitiert. Delforge (2005) gibt für Dactylorhiza generell als Bestäuber an: Käfer 60 %, Fliegen und Mücken 30 %, Bienen, Hummeln und Wespen 5 %. Kirchner/Loew/ Schröter (1936) geben Hummeln an, vermuten daneben noch Schmetterlinge. | |
Blütezeit: | In der Schweiz ab ca. Mitte April bis Anfang Juli, je nach Gebiet, Höhe ü.NN und der lokalen Klimaverhältnisse an der jeweiligen Wuchsstelle. | |
Lebensräume: | Vom Tiefland (speziell Tessin und Wallis) bis gegen 2400 m ü.NN, in Bergwiesen und buschigen Berghängen, aber auch auf Magerrasen und lichten Waldstellen (Eichen-, Kastanien-, Lärchenwälder). Wächst in der Regel nur auf sauren Böden über Silikatgestein. In Gebieten mit stark vermischten Gesteinsarten ist sie manchmal relativ nahe zusammen mit Kalk liebenden Arten (z.B. im Wallis mit Orchis pallens) anzutreffen. |
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Verbreitung: | Von Zentralspanien bis zum Mittellauf des Dnjepr, im Süden bis Sizilien (fehlt auf Sardinien), im Norden bis Zentralskandinavien. Fehlt im westmediterranen und atlantischen Raum. | |
Häufigkeit: | Im Tessin und Wallis regional verbreitet, sonst selten bis sehr selten (z.B. Jura, Berner Oberland, Graubünden). Fehlt bei uns nördlich etwa einer Linie von westlich Biel – Brienz – Chur; (Meldungen aus „Guscha“, Maienfeld sind falsch = Orchis pallens). Tritt lokal hie und da noch in reichen Populationen auf. | |
Gefährdung: | Mässig bis stark wegen Düngung und zu intensiver Bodennutzung oder Beweidung der Biotope, entsprechend den Gegebenheiten im jeweiligen Vorkommensgebiet (z.B. Airolo, Olivone, oberes Puschlav). In höheren Lagen stellt auch der Bau von Infrastrukturen für den Wintersport eine latente Gefahr dar (Beschneiungsanlagen, neue Pisten und Skilifte). |
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Hybriden: | Kreuzungen mit D. fuchsii und D. majalis sind bei uns belegt. D. incarnata x sambucina ist in Frankreich gefunden worden. Von C. viride x D. sambucina existiert eine alte Fundmeldung aus Österreich. Eine Kreuzung mit G. conopsea wäre möglich, eine solche mit P. albida nicht ausgeschlossen. Meldungen von Hybridpflanzenfunden D. sambucina x O. mascula oder O. pallens sind sehr zweifelhaft, wahrscheinlich Fehlbestimmungen. |
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Besonderheiten: | Die Pflanzen sollten möglichst aus kurzer Distanz überprüft werden können. Ist die Entfernung Beobachter – Wuchsstelle zu gross, so besteht Verwechslungsgefahr mit gelb blühenden Läusekräutern (bes. Pedicularis foliosa) oder bei rot blühender D. sambucina mit Pyramiden-Günsel (Ajuga pyramidalis). Verwechslungen sind auch möglich mit Orchis pallens oder Orchis provincialis, wurde doch vor einiger Zeit aus dem Calancatal O. provincialis gemeldet, die sich nach der Überprüfung als gelb blühende D. sambucina entpuppte. Sehr oft treten in einem Biotop die beiden Farbvarianten gelb und rot gemeinsam auf, jedoch in unterschiedlicher Mengenzusammensetzung. Seltener findet man Populationen, wo nur eine Farbe vorherrscht. Der Gelbanteil ist bei den roten Formen sehr unterschiedlich kombiniert, was sich in einer Vielfalt von farblich sich variierenden Pflanzen manifestiert. Exakt intermediäre Zwischenformen von gelber und roter Varietät sind eher selten anzutreffen (Dactylorhiza sambucina var. hybrida (Zimm.) Peitz). |
(Beschrieb nach diversen Literaturquellen und persönlichem Bildmaterial)Walter Schmid
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Aktualisiert 07. 04. 2011
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