Exkursion nach Chandolin VS (17.7.2010)
Autor Ursula Lienhard, Fotos: Ursula Lienhard & Thomas Ulrich
Aufwärts, und nicht dem Naturgesetz des Wassers folgend, sammelten sich die gehtüchtigen Frauen und Männer der AGEO in den luftigen Höhen des Val d’Anniviers und konnten so den heissen Niederungen der Schweiz entfliehen. Je mehr wir uns bei der Hinfahrt dem Ziel näherten, umso mehr bekannte Gesichter stiegen den Zügen zu und füllten in Sierre das Postauto. Wie jedes Mal freute ich mich Bekanntschaften aufzufrischen, war neugierig auf mir unbekannte Menschen und glücklich über jeden Namen, der sich endgültig einzunisten schien.
Schon die Postautofahrt war ein Erlebnis:
Im zunächst engen Tal, vorbei an der roten Hängebrücke, die schmale Strasse oft wie angeklebt an die steilen Felswände. Die Ehrfurcht vor den Strassenerbauern, den ersten Siedlern und unserem Chauffeur wuchs und einige von uns hefteten den Blick schon jetzt lieber auf die Ackerglockenblumen am steilen Strassenbord links, um nicht nach rechts ins Leere schauen zu müssen. Die meisten waren froh, dass sich das touristische Dorf Saint Luc nicht als unser Ziel erwies. Es wurde ruhiger gegen Chandolin.
Am Sessellift begrüsste unser Präsident Jean Pierre Brütsch gewohnt locker die auf fast 40 Personen angewachsene Gruppe und fing als erste Aktion gleich auf psychologisch geschickte Weise eine vorlaute Teilnehmerin zum Abfassen eines ‚ganz glatten Berichtes’… Und noch bevor wir uns vom Sessellift auf fast 2500 Meter tragen liessen, wurde uns von der Vorbereitungsgruppe Albert Kurz und Göpf Grimm auf die zu erwartenden Köstlichkeiten des Tages Appetit gemacht – von einem unserer Ornithologen wurde so nebenbei ein Steinadler gesichtet!
Auf Le Tsapé gab es kein Verweilen, denn eine Mittagspause wurde erst nach der Entdeckung der ersten Orchideen erlaubt! Ein munteres Ausschwärmen setzte ein. Die karge Vegetation so hoch oben liess anfangs noch ‚Freilaufhaltung der AGEO’ quer über die Wiesen zu. Suchend, rufend, fragend setzen wir uns in Bewegung, allgemeine Richtung: talwärts.
Als Anfängerin unter so vielen Profis war ich vorerst überfordert vom ‚Laa mi au mit’:
„Bleibe ich nun an der Spitze bei den Rekognoszierern, die eh auf alles eine Antwort wissen? Aber dann fehlt mir aber u.a. jemand wie Walter Lüssi für die Fragen nach Schmetterlingen - Veilchenscheckenfalter! Und hier weiss jemand Bescheid über die zweihäusigen Katzenpfötchen
weiss=männlich, rosa=weiblich
und dort könnte ich mich gleichzeitig in die Schlange stellen für das Betrachten oder Fotografieren der ersten Männertreu – bald das erste hellrote, dann die erste Hohlzunge…“
Und schon bald löste sich mein Krampf. Ich konnte nicht überall und alles gleichzeitig sehen. Hauptsache, ich verliere mich selber nicht in mitten der Fülle! Und wieder einmal staunte ich über die Unmenge an Wissen, an Erfahrungen und Spezialkenntnissen, die sich in der, nach aussen sich so bescheiden gebenden, AGEO-Guppe ansammelt.
Je tiefer wir absteigen, umso sorgsamer mussten wir auftreten, wir sind buchstäblich in Grimm’s Märchenland. Dass ich mich vor lauter Enzian kaum zu bewegen wagte, das erlebte ich schon. Dass uns das gleiche vor lauter Orchideen geschah, war eine neue Erfahrung:
Männertreu, dunkel, rot, hellrot, rosa, gelb - Mückenhandwurz, darunter auch schneeweisse – Hohlzunge – Kugelorchis – Waldhyazinthen und zu Hunderten Höswurz.
Und immer wieder Stau der Föteler vor den zahllosen Kreuzungen, den Hybriden, selbst während der Mittagsrast wurde herumgestreift und fotografiert.
Doch Zeit blieb auch für Spässe. Der Präsident kleidete sie ein in fachmännische Erklärungen: „Männertreu = ist den schwachen Männern treu.“ Die Ergänzung von etwas weiter weg musste kommen = also „Viag.. für Schweizer?“ Uns war anscheinend wohl, wie den Rindern beim ersten Alpausgang.
Für den weiteren Abstieg durften wir uns immer noch Zeit lassen, auch wenn ein fernes Donnergrollen uns kurz bewusst werden liess, wie gut wir es mit dem Wetter getroffen haben. Zwar nicht sehr sichtig, aber immer trocken, Sonne und Wolken sich stetig abwechselnd. Ein Genuss nach den heissen Tagen im Unterland. Guido stiess noch zu uns, er hatte sich schlicht in der Zeit vertan – doch dafür durfte der Hund nun mit – und wir freuten uns über die Nachzügler.
Um nicht doch noch vom dräuenden Gewitter überrascht zu werden, ging’s dann ohne grösseren Halt weiter abwärts Richtung Chandolin, die einen gradlinig, die andern dank Abkürzungen auf Umwegen. Unsere Leitung war sich sicher, dass alle die Beiz finden würden. Das Unwetter drehte ab und wir liessen den Tag im Hotel Restaurant Post ausklingen. Drinnen bei Wasser und Kaffee, draussen bei Bier und ballon du blanc, aber hüben wie drüben frohgemut, glücklich und zufrieden.
Gedankt sei herzlich der Vorbereitungsgruppe. Eine bessere Werbung für die Jubiläumsreise 2011 nach Frankreich hättet ihr euch nicht ausdenken können!
Und hier noch meine Liste einiger der für mich „merk-würdigen“ Alpenblumen, aufgeschrieben entweder, weil ich sie gar nicht kannte oder, weil mir deren Namen immer wieder abhanden kommen. Eine viel vollständigere Liste ist bei Albert zu haben.
Graues Greiskraut, Sandkraut, grosser Gemswurz, Moschusschafgarbe, bärtige Glockenblume blau und weiss!, Hallers Laserkraut, Türkenbund, Enzian-Hybrid purpur u. punktiert, Alpen-Bergflachs, Heide- od. Wiesenwachtelweizen, Mondraute, Bärentraube, Besenheide, Bergklee, Gelbling (Sibbaldie).
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Aktualisiert 22. 09. 2010