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Läusekräuter

Bericht von Ulrich Senn, Fotos Thomas Ulrich

Es ist eine gut erkennbare Familie mit 13 Arten in der Schweiz. Die Blüten sind schnabelförmig, die Blätter farnartig, acht blühen rot, vier gelb und eine Art braunschwarz. Lateinisch heissen sie Pedicularis, das müsste etwas mit Fuss zu tun haben, obwohl ich mit besten Willen nichts Ähnliches sehe. Sofern die Endung etwas mit cucularis zu tun hätte, hiesse das kapuzenartig oder kappenartig, schon eher sichtbar. Vielleicht sind es mittelalterliche Schnabelschuhe wie sie die Hofnarren trugen? Ebenso lausig ist der deutsche Name. Wurde die Pflanze gegen Läuse gebraucht? Menschliche oder pflanzliche! Als Heilpflanze gilt sie jedenfalls nicht. Lausig vielleicht, weil sie an Graswurzeln schmarotzt? Nur Halbschmarotzer, da sie ja noch grüne Blätter hat, wie die Misteln auf den Bäumen, und nicht wie die Nestwurz, die braun ist.
Garantiert lausig, weil ich so oft reingefallen bin und in der Sumpfwiese ein Knabenkraut erwartete. Ist es anderen Orchidee-lern auch nicht schon so ergangen? Sicher nicht dem Hans, der schaut immer zuerst durch den Feldstecher.
Am leichtesten ist das braunschwarze "Gestutzte Läusekraut" (P. recutita) zu erkennen, man muss nur nicht glauben, es sei schon verblüht, auch wenn es oft so ist. Eine frische Blüte ist in Nahaufnahme auch fotogen. Es kommt in feuchten, kalkhaltigen Wiesen vor. Im Jura, im Mittelland und in der Westschweiz unbekannt. Bei den gelben Arten ist foliosa, die blattreiche im ganzen Alpengebiet in nassen Wiesen häufig, ebenfalls kalkliebend.


Knolliges Läusekraut, Foto Thomas UlrichDas "Knollige Läusekraut" (P. tuberosa) liebt eher sauer und ist demnach im zentralen und südlichen Alpenraum verbreitet. Es ist leicht erkennbar an seinen freiliegenden Stängeln und kleinen Blütenköpfen, im Wuchs auch viel bescheidener.
Ähnlich ist das "Aufsteigende Läusekraut" (P. ascendens) verbreitet in westschweizer Alpengebieten, wo Kalk vorkommt. Der Blütenstand ist nicht kopfig.
Auch "Oeders Läusekraut" (P. oederi) wäre leicht zuerkennen mit seinen braunen Zipfelenden. Warum ging es so lange bis ich es fand? Es kommt nur über 2000m auf Kalk im nördlichen Voralpengebiet vor. Da bin ich auf ein Bähnchen angewiesen, das mich hinauf bringt. So war es denn auch mit der Seilbahn von Sörenberg auf das Brienzer-Rothorn. Dort wollte ich es finden, aber sicher nicht dort, wo ich es gefunden habe. Am Weg zwischen Endstation Brienzer-Rothorn und Station Sörenbergbahn, wo man in Schlangen gehen muss, wenn wieder eine Bahn mit Japanern angekommen ist. Man findet es nur dort und im unberührteren östlichen Teil zum Eisee.

Quirlblättriges Läusekraut, Foto Thomas UlrichUnter den rot blühenden Arten findet man das Häufigste vor, dasjenige, das einem so narren kann, das "Quirlblättrige Läusekraut" (P. verticillata) im ganzen Alpengebiet verbreitet. Zwei Arten sind Sumpfpflanzen. Das "Sumpf-Läusekraut" (P. palustris) fehlt eigentlich nur in den Zentralalpen, im Tessin und weiten Teilen des Wallis, wo es eben auch wenig Sümpfe gibt. Es ist stark verzweigt, mit kleineren Blüten.
Ebenfalls moorig liebt es das "Waldmoor-Läusekraut" (P. sylvatica), wirklich nur an einzelnen Orten im Voralpengebiet und Jura in schattigen Wäldern und Heidemooren anzutreffen. Dort habe ich es auch zum ersten Mal gesehen, am Etang de Gruyère. Aber auch häufig zusammen mit dem Sumpf-Läusekraut in den vielen waldigen Mooren bei Sörenberg. Die Pflanze ist viel kleiner und der Blütenstand kompakter, vor allem hat er immer etwas durchsichtiges Helles im Kelch oder Blüte.

Kerners Läusekraut, Foto Thomas UlrichRecht häufig ist "Kerners Läusekraut" (P. kerneri) kalkfliehend, in Gesteinsschutt, in höheren Lagen im ganzen Alpengebiet, leicht zu erkennen an den 2 grossen Schnabelblüten und niedrigem Wuchs, nur 3-8 cm hoch. Von der Blütenform her das fotogenste Läusekraut.
Das "Gedrehte Läusekraut" (P. gyroflexa) kommt nur an drei Stellen vor, alle hoch gelegen. Meine Aufnahme stammt von Ernst Lienhard am Monte Generoso, ebenfalls im Tessin ist der Ort an der Grenze nordöstlich von Lugano. Die dritte Stelle liegt am Grossen Sankt Bernhard im Wallis.
Damit bleiben noch drei Arten, davon am häufigsten das "Fleischrote Läusekraut" (P. rostratospicata) vor allem im Oberengadin, es erinnert ein bisschen im Wuchs an ein Knabenkraut ist aber "farnblättrig". Das "Kopfige Läusekraut" (P. rostratocapitata) ist nur im Unterengadin und Münstertal zu finden. Die relativ grossen Blüten sind in einem Kopf beieinander.
Damit bleibt noch das "Farnblättrige Läusekraut" (P. aspleniifolia), das Einzige, das mir fehlt. Eine Angabe habe ich vom Gipfel des Piz Arina, da hinauf komme ich nicht mehr, wenn es dort überhaupt noch ist. Die andern Angaben stammen aus dem Samnaun im Grenzgebiet zum Engadin (Braun Blanquet, Flora von Graubünden 1932) auf über 2000 m in feinem schattigem Felsschutt. Den letzten Anlauf machte ich vor ein paar Jahren, vergeblich.


Jetzt weiss ich es doch noch - Dank Karl Heinrich Waggerl:
Das Läusekraut ist so verlaust,
Dass nur ihm selbst nicht vor ihm graust.
Weil aber, was die Welt verdammt,
Doch auch aus Gottes Händen stammt,
Lebt es von Mensch und Tier gemieden
- In Frieden.

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Aktualisiert 10. 03. 2009

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